AKTUELLE INFORMATIONEN AUS DEM BEREICH SACHWERTANLAGEN - Juli 2023

Wohnungsbau in der Krise: Viel zu wenig, viel zu spät

Das Analysehaus Bulwiengesa zeigt: Die Zahl neuer Wohnungen in Deutschland dürfte in den nächsten Jahren drastisch sinken. Viele Projektentwickler halten sich zurück – und kritisieren die Politik scharf.

Berlin: Die Wohnungskrise in Deutschland spitzt sich zu. Nach Daten des Analysehauses Bulwiengesa für das erste Halbjahr 2023 sind Projektentwickler zunehmend zurückhaltend geworden. Vor allem drei Zahlen zeigen die Misere am Wohnungsmarkt:

Die gestarteten Bauvorhaben haben sich im Vergleich zu den ersten sechs Monaten der Jahre 2021 und 2022 halbiert.
Viele Projekte verzögern sich. Bei 30 Prozent des Projektentwicklungsvolumens wurde der Bau mindestens ein Quartal später begonnen.
Zudem werden zahlreiche Baustellen später fertiggestellt als geplant. Bei mehr als 36 Prozent des Projektvolumens können die Bauträger die Ende 2022 anvisierten Termine nicht einhalten.
Bulwiengesa analysiert zweimal jährlich die Lage der Projektentwickler auf dem deutschen Markt. Die Zahlen können damit als Frühindikator dienen, in welche Richtung sich die Immobilienwirtschaft entwickelt.

Die Wohnungswirtschaft warnt seit Langem vor einbrechenden Zahlen im Wohnungsbau. Die Bundesregierung war Ende 2021 mit der Botschaft angetreten, für 400.000 neue Wohnungen jährlich sorgen zu wollen.

Tatsächlich wurden 2022 nach Zahlen des Statistischen Bundesamts 295.300 Wohnungen fertiggestellt. Für die nächsten Jahre rechnet der Spitzenverband der deutschen Wohnungswirtschaft GdW mit abnehmenden Zahlen bis hin zu nur noch 200.000 neuen Wohnungen jährlich.

Für den GdW steht fest: „Die anhaltenden Preisanstiege infolge von Zinssteigerungen und Langzeitauswirkungen der Coronakrise, aber auch kostentreibende politische Vorgaben und Förderchaos würgen die Investitionsfähigkeit der sozial orientierten Wohnungsunternehmen in ganz Deutschland insbesondere beim Wohnungsneubau ab.“

Thomas Meyer, Mitgründer und Vorstandsvorsitzender der Wertgrund AG, nennt ein Beispiel dafür, wie politische Vorgaben sein Geschäft erschweren. „Das Liesel Quartier in Göttingen mit 590 Wohnungen, davon 40 Prozent gefördert und preisreduziert, war komplett geplant und die Bauanträge vorbereitet und zum Teil schon eingereicht, ausgerichtet auf die Effizienzhausstufe 55“, erzählt der Investor. Doch gebaut wurde es noch immer nicht.

„Erst erforderte eine Anpassung auf die Effizienzhausstufe 40 weitere monatelange Planungsarbeiten“, so Meyer. Jetzt werde geprüft, ob es die neuen, seit März geltenden Anforderungen an klimafreundliche Wohngebäude mit einer entsprechenden Zertifizierung erfülle. Das nehme aufgrund der Kapazitätsengpässe bei den Energieberatern jedoch einige Monate in Anspruch.

„Seit Amtsantritt der Ampelregierung ist die Förderpolitik von Unsicherheit und Veränderung geprägt“, sagt Meyer. Projekte wie das Liesel Quartier seien mehrfach umgeplant worden, um Fördermittel beantragen zu können. „Man will höhere Standards, gleichzeitig sinkt die Förderung, das ist ein doppeltes Dilemma“, sagte Meyer dem Handelsblatt.

Die Effizienzhausstufe EH40 bedeutet, dass ein Gebäude nur 40 Prozent der Energie verbraucht, die ein gesetzlich definiertes Standardhaus benötigt. Gefördert werden derzeit Wohnungen mit diesem Standard. EH55 ist gesetzlicher Neubaustandard geworden; Fördermittel gibt es dafür nicht mehr. Eine weitere Verschärfung ist nicht ausgeschlossen. Der Koalitionsvertrag sieht vor, den Neubaustandard auf EH40 anzuheben. Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) ist jedoch dagegen, um den Wohnungsbau nicht weiter zu verteuern.

Längst wirken sich die Verzögerungen und Absagen auf die Baubranche aus. Erst am Dienstag schlug der Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe (ZDB) Alarm: „Leider ist keine Trendwende bei der Nachfrage im Wohnungsbau erkennbar“, sagte Felix Pakleppa.

Im Vorjahresvergleich seien die Baugenehmigungen für Wohngebäude um mehr als 30 Prozent eingebrochen. Bei den Auftragseingängen im Wohnungsbau betrage der Rückgang ebenfalls ein Drittel. Pakleppa: „Die Rückmeldungen aus den Unternehmen lassen eine Fortsetzung dieses Negativtrends in den kommenden Monaten erwarten.“

Noch zehrten die Unternehmen von den Auftragsbeständen der Vorjahre, so der ZDB-Hauptgeschäftsführer. Ein Drittel der Unternehmen beklage aber schon jetzt einen Mangel an Aufträgen. „Da wächst ein enormer Druck, den Beschäftigungsstand zu halten.“

Die Entwicklung sei ein Weckruf an die Politik. „Ein positives Signal an Häuslebauer, Investoren und die Bauwirtschaft ist jetzt so wichtig wie lange nicht mehr.“ Dieses Signal könne etwa eine bessere finanzielle Unterstützung durch die KfW, ein reduzierter Mehrwertsteuersatz oder eine niedrigere Grunderwerbsteuer sein. „Es muss etwas geschehen für den Wohnungsbau.“

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Mit dem Preisverfall könnte schon bald Schluss sein

Der Markt für Wohnimmobilien in Deutschland ist so unübersichtlich wie selten zuvor. Sieben Grafiken zeigen, dass sich die Lage gerade fundamental wandelt – und warum es Zeit ist zu handeln. 

Erst waren es Materialengpässe, nun sind es hohe Zinsen, die den Immobilienmarkt durcheinanderwirbeln. Wer derzeit verkaufen will, muss häufig mit hohen Preisabschlägen rechnen.
Der Preisverfall der Immobilien gegenüber dem Vorjahr wird 2023 deutlich ausfallen. Gleichzeitig schießen die Mieten, besonders bei Neuverträgen, in die Höhe.
Hinzu kommt ein stockender Neubau von Wohnungen, und auch die Bevölkerung in Deutschland wächst weiter. Der Boom am Immobilienmarkt ist vorbei. Könnte genau deshalb jetzt der richtige Moment sein zu kaufen?
Unsere Serie „Trendviertel 2023“ startet mit drei Metropolen: Lesen Sie unsere ausführlichen Analysen zu Hamburg, zu Berlin und zu München.
Selbst ein prominenter Name hilft nicht mehr. Ex-Bayern-München-Spieler Jérôme Boateng sucht schon länger einen Käufer für sein Haus im noblen Münchener Vorort Grünwald. Die Luxusvilla hat alles, was man von einer Millionärsunterkunft erwartet: zehn Zimmer, beheizbarer Außenpool, Weinkeller, Fitnessraum, Heimkino und Wellnessbereich.

Doch seit über einem Jahr ist kein Käufer bereit, den Angebotspreis von 11,5 Millionen Euro zu zahlen. Was Boateng erlebt, bekommen gerade viele Verkäufer zu spüren: Interessenten sind wegen der Zinswende verunsichert, der Markt ist so gut wie tot.

Wer verkaufen muss, nimmt oft deutliche Preisabschläge in Kauf. Wie lange hält dieser Trend noch an? Exakte Prognosen sind schwierig, doch sieben Zahlen geben deutliche Hinweise, wie sich der Markt für Wohnimmobilen im laufenden Jahr und darüber hinaus entwickeln dürfte – und ob es sich womöglich jetzt schon wieder lohnt, nach Kaufobjekten Ausschau zu halten.

1. Immobilienmarkt 2023: Bauzinsen zwischen 3,5 und 4,5 Prozent

Im Mai gab es Hoffnung. In Washington konnten sich die politisch Verantwortlichen nicht auf einen Haushalt einigen, manche Investoren befürchteten einen Zahlungsausfall der USA und kauften verstärkt Bundesanleihen.

Je höher die Nachfrage nach deutschen Staatspapieren, desto geringer werden diese verzinst. Und das drückt wiederum die Zinsen für Immobilienkredite.

Doch eine Trendwende ist das nicht, zumal die Europäische Zentralbank den Leitzins zuletzt auf vier Prozent erhöht hat. Höhere Leitzinsen sorgen laut Max Herbst nicht automatisch für teureres Baugeld.

Doch an sinkende Zinsen mag der Chef der FMH-Finanzberatung nicht glauben. Im laufenden Jahr geht er davon aus, dass sich die Zinsen für zehnjährige Hypothekenkredite in einem Korridor zwischen 3,5 und 4,5 Prozent bewegen.

Miriam Mohr, Privatkundenvorständin beim Hypothekenvermittler Interhyp, rechnet mit einem „Zinskorridor zwischen 3,5 und vier Prozent“. Kleine Ausreißer nach unten sollten Kreditnehmer nach Ansicht der Fachleute daher in jedem Fall nutzen.

Was die Zinsbindung angeht, rät Herbst zur langen Frist. Darlehen, bei denen der Zins lediglich fünf Jahre festgeschrieben ist, kosten derzeit genauso viel wie solche mit 15 Jahren Zinsbindung.

Zwischenfazit: Sinkende Zinsen werden den Immobilienmarkt auf absehbare Zeit nicht beflügeln. Aber auch mit weiter steigenden Zinsen, die die Gesamtkosten für den Immobilienkauf weiter erhöhen und die Nachfrage noch stärker ausbremsen als bisher, ist nicht zu rechnen.

2. Lieferprobleme bei einem Viertel der Firmen: Material und Handwerker bleiben knapp

Das waren Bauherren und Bauträger lange nicht mehr gewohnt: Handwerker melden sich aktiv bei ihnen und fragen, ob es Aufträge gibt. Die Situation am Bau hat sich nach dem Zinsschock dramatisch gewandelt.

Noch im vergangenen Jahr waren oft weder Handwerker noch Material vorhanden. Corona und Ukrainekrieg hatten viele Lieferketten unterbrochen, es fehlte an Baumaterial. Zugleich arbeiteten Handwerksbetriebe noch ihre vollen Auftragsbücher aus den Jahren des Immobilienbooms ab.

Jetzt hat sich die Situation entspannt. In der Frühjahrsumfrage des Zentralverbands des Deutschen Baugewerbes (ZDB) heißt es: „Die Verfügbarkeit von Baumaterial, Maschinen und Geräten ist wieder weitgehend gegeben.“ Meldeten im Frühjahr 2022 noch nahezu 80 Prozent der Unternehmen Lieferschwierigkeiten bei Baumaterial, ist es im Frühjahr 2023 noch knapp ein Viertel. Einschränkungen gibt es laut ZDB noch bei den energieintensiven mineralischen Produkten wie Ziegeln, Fliesen und Vliesen sowie bei Bitumen. Letzteres liegt an der ausgefallenen Kapazität der Raffinerie in Schwedt durch den Importstopp von russischem Erdöl.

Es gibt also wieder Baumaterial, aber die Baupreise verharren auf einem historisch hohen Niveau. Laut Statistischem Bundesamt sind im Frühjahr insbesondere Dachabdichtungen und Heizungsanlagen teurer geworden. Gesunken sind die Preise in keinem Bereich.

Gut ausgelastet sind nach wie vor Handwerker, die wegen der Energiewende viel im Gebäudebestand arbeiten wie Dachdecker, Elektriker und Heizungsinstallateure. Generell aber gehen die Aufträge im Baugewerbe zurück, einige Betriebe mussten schon in Kurzarbeit gehen.

Zwischenfazit: Die Zeiten, in denen wegen Material- und Handwerkermangels jedes Bauprojekt einem Albtraum glich, sind definitiv vorbei. Zumindest durch dieses Problem dürfte die Immobiliennachfrage nicht mehr ausgebremst werden.

3. Minus fünf Prozent Ende 2023: Wie tief fallen die Immobilienpreise noch?

Jens Tolckmitt, Hauptgeschäftsführer des Verbands der Pfandbriefbanken (vdp), brachte es bei der Präsentation des Hauspreisindexes für das erste Quartal auf den Punkt: „Es gibt nach wie vor vergleichsweise wenige Transaktionen. Verkäufer und Käufer sind weiterhin auf der Suche nach einem neuen Preisgleichgewicht. Diese Phase wird mutmaßlich noch einige Quartale anhalten.“

Laut vdp sind die Preise für Wohnimmobilien im ersten Quartal 2023 um 2,1 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal zurückgegangen und um 2,0 Prozent gegenüber dem vierten Quartal 2022. Das waren sowohl auf Jahres- als auch auf Quartalssicht die stärksten Rückgänge seit Beginn der Indexaufzeichnungen.

Laut Berechnungen von VDP Research für das Handelsblatt werden die Preise für selbst genutzte Wohnimmobilien im Jahresdurchschnitt 2023 zwischen vier bis fünf Prozent nachgeben. Andreas Kunert, Director Research bei vdp Research, verweist zudem darauf, dass der reale Preisverfall deutlich kräftiger ausfällt als der nominale: „Legt man die Prognose des Sachverständigenrats hinsichtlich der Entwicklung der Inflation in Deutschland von 6,6 Prozent darüber, so ergibt sich ein möglicher realer Wertverlust von rund elf Prozent im Jahr 2023.“

Ein positiveres Bild zeichnet der Europace-Hauspreisindex, der auch schon die Monate April und Mai 2023 abbildet. Nach einem deutlichen Minus im Herbst und Winter vergangenen Jahres stabilisierten sich die Preise demnach ab Februar wieder. Insbesondere bei Neubauobjekten bleiben die Preise seitdem auf einem hohen Niveau, auch bei Eigentumswohnungen und Bestandshäusern scheint die Zeit der Preisabschläge zumindest für den Moment vorbei zu sein.

Zwischenfazit: Der reale Preisverfall gegenüber dem Vorjahr wird 2023 erheblich ausfallen. Doch es gibt derzeit keine Anzeichen, dass er danach unvermindert weitergeht.

4. 2,1 Milliarden Euro – Wenige große Transaktionen am Immobilienmarkt

Die stark gestiegenen Kreditzinsen und die Krisenstimmung lähmen den Immobilienmarkt. Die Investitionen von Fonds und Unternehmen in Wohnimmobilien sind zum Jahresauftakt drastisch eingebrochen, wie der Immobilienspezialist Jones Lang LaSalle (JLL) jüngst vorrechnete. Im ersten Quartal gab demnach das Transaktionsvolumen in Deutschland um fast die Hälfte nach – auf rund 2,1 Milliarden Euro.

Umso stärker war Rolf Buch die Erleichterung anzumerken. „Verkäufe sind schwierig, aber sie sind weiterhin möglich“, verkündete der Vorstandschef von Deutschlands größter Immobilienfirma, dem Dax-Konzern Vonovia, bei der Vorlage der Quartalsergebnisse.

So gelang es den Bochumern, innerhalb von wenigen Wochen gleich zwei Großtransaktionen abzuschließen. Insgesamt fünf Bestandsobjekte mit 1350 Wohnungen in Frankfurt, Berlin und München veräußerte der Konzern für 560 Millionen Euro an CBRE Investment Management, einen großen Vermögensverwalter für Immobilien. Erst kurz zuvor hatte Vonovia einen Anteil an seinem sogenannten Südewo-Portfolio aus 21.000 Wohnungen in Baden-Württemberg für eine Milliarde Euro an eine vom Finanzinvestor Apollo verwaltete Gesellschaft verkauft.

Die Transaktionen des Branchenprimus Vonovia könnten eine Signalwirkung für den kriselnden deutschen Immobilienmarkt insgesamt haben. So fanden nach Daten des Immobilienberaters Savills im Mai auf dem Investmentmarkt für Gewerbe- und Wohnimmobilien in Deutschland schon wieder beinahe doppelt so viele Transaktionen statt wie im April. Die jüngsten Deals deuten an, dass die Profis allmählich zurück an den Verhandlungstisch kommen – wenn der Preis stimmt.

Denn zur Wahrheit gehört auch, dass Vonovia seinen Bestand billiger verkaufen musste als gedacht. So hatte der Konzern die an CBRE verkauften Immobilien eigentlich mit einem Wert von 600 Millionen Euro veranschlagt – die Profis zahlten aber 40 Millionen weniger. Und auch Apollo erhielt finanzielle Zugeständnisse. So kaufte der Finanzinvestor 30 Prozent der Südewo-Anteile, erhält aber laut Analysten rund 70 Prozent der Gewinnausschüttungen der Südewo.

Aber immerhin, die Schockstarre scheint sich zu lösen. Die hohen Zinsen würden mittlerweile als neues Normal wahrgenommen, sagt Boris Groth, Chef des Transaktionsgeschäfts für Wohnimmobilien beim Beratungshaus Lübke Kelber: „Gerade die Profis akzeptieren, dass wir uns nun auf einem anderen, niedrigeren Preisniveau bewegen.“

Das bestätigt Daniel Ritter, geschäftsführender Gesellschafter beim Makler Von Poll Immobilien: „Es gibt keine wirkliche Käuferklemme auf dem deutschen Immobilienmarkt, das Kaufinteresse ist da und hat seit Jahresbeginn sogar zugenommen.“

Zwischenfazit: Die Schockstarre, in die der Immobilienmarkt nach dem jähen Zinsanstieg 2022 verfallen war, beginnt sich zu lösen. Immer mehr Käufer haben sich mit den höheren Zinsen abgefunden – und immer mehr Verkäufer mit den gesunkenen Preisen.

5. Minus 104.700: Neubau ist weit vom Ziel entfernt

Es ist ein bitteres Eingeständnis: Die Bundesregierung hat 2022 ihr Wohnbauziel von 400.000 Einheiten jährlich erneut deutlich verfehlt. Insgesamt wurden 295.300 Wohnungen gebaut, gerade mal 0,6 Prozent mehr als im Jahr davor.

Im laufenden Jahr erwartet die Branche sogar einen Rückgang der Fertigstellungen – der sich voraussichtlich 2024 fortsetzen wird. Der Verband des Deutschen Baugewerbes erwartet, dass 2023 lediglich rund 245.000 Wohnungen fertiggestellt werden.

Wegen der gestiegenen Zinsen halten sich viele Bauherren mit Projekten zurück oder stoppen sie. Seit Monaten beobachtet das Ifo-Institut eine Stornierungswelle im Wohnungsbau. Im Februar berichteten 14,3 Prozent der befragten Unternehmen davon. Zwischen 2012 bis 2019 lag der Wert nie über drei Prozent.

Folge: Der Wohnungsmangel gerade in den Ballungsräumen verstärkt sich. So standen bei Vonovia im ersten Quartal nur 2,2 Prozent der insgesamt knapp 550.000 Wohnungen leer. „Wir können faktisch keine neuen Wohnungen mehr anbieten“, sagte Buch.

Da weniger neue Angebote als erhofft auf den Markt kommen, dürften sich Interessenten bei der Suche noch mehr auf bestehende Gebäude konzentrieren, sagt Makler Jürgen Michael Schick voraus. Daher erwartet Hans-Peter Hesse, Chief Investment Officer der ZBI Zentral Boden Immobilien Gruppe, für Bestandsimmobilien in solidem Zustand zeitnah ein Ende der Preisrückgänge, wenn sich die Zinsentwicklung beruhigt. Der Preisverfall bei schlecht sanierten Gebäuden werde dagegen so schnell nicht aufhören.

Zwischenfazit: Die Neubauzahlen werden auf absehbare Zeit hinter dem Bedarf zurückbleiben – und stabilisieren dadurch die Preise für Bestandsimmobilien.

6. Plus zehn Prozent und mehr – Steigen die Mieten weiter?

Wer einen Blick in den Mietpreisindex des Statistischen Bundesamts wirft, wird feststellen, dass die Wohnungsmieten in den vergangenen zweieinhalb Jahren lediglich um 4,2 Prozent gestiegen sind. Die Inflation lag im selben Zeitraum mehr als dreimal so hoch.

„Wir haben am Mietmarkt eine Zweiteilung“, sagt Makler Schick. „Auf der einen Seite haben wir Mieter im Bestand, die gut geschützt sind, auf der anderen Seite sehen sich Menschen, die nun eine Wohnung anmieten, mit steigenden Mieten konfrontiert.“

So gilt für Mieter im Bestand die Kappungsgrenze. Sie erlaubt Vermietern, die Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete zu erhöhen, binnen drei Jahren jedoch maximal um 20, in einigen Städten sogar nur um 15 Prozent. Bei Neuverträgen gilt zwar die Mietpreisbremse, nach der Vermieter beim Mieterwechsel maximal zehn Prozent mehr als die ortübliche Vergleichsmiete verlangen dürfen.

Doch bei Wohnungen, die ganz neu oder kernsaniert an den Markt kommen, gibt es keine Obergrenzen. „Bei Neuverträgen gab und gibt es, je nach Lage, Sprünge im Vergleich zum Vorjahr von zehn Prozent und mehr“, weiß Philipp Wass, der bei der Ratingagentur Scope Wohnungskonzerne analysiert.

Dass diese Mietsteigerungen sich kaum in der Statistik niederschlagen, liegt daran, dass sich momentan nur etwa zwei bis drei Prozent der Mieter nach einer neuen Wohnung umschauen. Marktkenner wie Schick sprechen vom „Lock-in-Effekt“.

Das bedeutet, dass viele Menschen, die allein oder zu zweit in großen Familienwohnungen leben, nicht ausziehen – auch wenn sie den Platz nicht brauchen. Denn eine neue, kleinere Wohnung würde sie mehr Miete kosten.

Die steigenden Mieten für Neubauten ergeben sich in erster Linie aus den gestiegenen Bau- und Kapitalkosten. Dass weniger gebaut wird und zugleich die Nachfrage steigt, verschärft die Situation zusätzlich. Scope-Experte Wass: „Im Vergleich zur Situation vor anderthalb Jahren ist aufgrund der gestiegenen Zinsen für zahlreiche Haushalte der Erwerb einer eigenen Immobilie unmöglich geworden, und sie bleiben Mieter.“

Die gestiegenen Energiepreise tun ihr Übriges, weiß Birger Dehne, dessen Family-Office bundesweit jährlich zwischen 2500 und 5500 Wohnungen erwirbt: „Viele Menschen sind bescheidener geworden.“ Auch Gutverdiener, die sich bislang mehr leisten konnten, fragen nun bezahlbaren Wohnraum nach.

Das hat dazu geführt, dass die Neuvertragsmieten in Dehnes Portfolio im vergangenen Jahr teilweise um 20 Prozent gestiegen sind. Leere Wohnungen habe er faktisch keine, auch nicht in Lagen, die früher weniger gefragt waren.

Ein Ausweg aus der Misere der stetig steigenden Neuvertragsmieten führt nach Ansicht von Jürgen Michael Schick nur über mehr neue Wohnungen. Aber viele Wohnbauprojekte wurden gestoppt, weil sie sich angesichts der gestiegenen Zinsen kaum mehr lohnen. „Das ist sozialer Sprengstoff für weite Teile der Gesellschaft“, sagt Reiner Braun von Empirica, einem Analysehaus für Immobilienmärkte in Deutschland.

Zwischenfazit: Die Mieten in Deutschland werden nahezu zwangsläufig weiter steigen. Dadurch steigt bei gleichen Preisen und Zinsen auch die Rendite von vermieteten Wohnimmobilien.

7. Plus 5,65 Millionen: Wachsende Bevölkerung heizt Immobilien-Nachfrage an

Der anhaltende Zuzug von Arbeitskräften aus dem Ausland und Flüchtlingen hat den Wohnungsbedarf in Deutschland noch einmal erhöht, vor allem in den Ballungsräumen. So kommt eine Studie des Pestel-Instituts zu dem Ergebnis, dass 2025 rund 700.000 Wohnungen in Deutschland fehlen werden.

„Es wäre illusorisch zu glauben, dass in ein paar Jahren erheblich weniger Menschen in Deutschland leben werden als heute“, sagt Matthias Günther, Vorstand des Pestel-Instituts. „Ich sehe weder Anzeichen für ein Abflauen der Zuwanderung noch einen Hinweis darauf, dass Menschen im großen Stil wieder aus Deutschland wegziehen.“

Auch Jochen Möbert, Immobilienexperte von Deutsche Bank Research, folgert nüchtern: „Die Flüchtlingswelle aus der Ukraine und der strukturell hohe Zuzug, der wie vor der Pandemie wieder bei über 300.000 Personen pro Jahr liegt, erhöhen die Nachfrage.“ Laut seiner Prognose wird die Einwohnerzahl in Deutschland von derzeit rund 84,3 Millionen auf fast 86 Millionen im Jahr 2030 steigen.

„Der Zuzug wird sich stark auf die Metropolen und deren Umland konzentrieren“, so Steffen Metzner, Chef des Researchs der Immobilienfirma Empira Gruppe. Für Käufer sei vor allem Berlin ein interessanter Markt, „da dort eine große Knappheit an Wohnungen besteht und die Preise noch nicht das Niveau erreicht haben, die wir aus anderen großen Städten in Europa kennen“.

Aber auch Hamburg und Köln dürften sich aus Sicht von Käufern positiv entwickeln. Keine der großen acht Städte müsse jedoch mit fallenden Preisen rechnen.

Zwischenfazit: Immer mehr Menschen strömen in die großen deutschen Metropolen. Es gibt keine Anzeichen, dass die Kaufpreise dort auf breiter Front sinken könnten.

Fazit: Jetzt Immobilien kaufen? Oder lieber noch abwarten?

Der Boom am deutschen Markt für Häuser und Wohnungen ist vorbei und kehrt so schnell nicht zurück. Die fundamentale Angebotsknappheit werde die Preise jedoch nicht ewig im Tal lassen, glaubt Jochen Möbert, Immobilienanalyst bei Deutsche Bank Research. Langfristig hält er sogar deutlich höhere Preise für wahrscheinlich. Wenn die Zinsanstiege enden, würden „die positiven Preistreiber das Kommando übernehmen“.

Auch der neue Postbank-Wohnatlas sagt bis 2035 für die Ballungsräume inflationsbereinigt steigende Preise voraus. Vor allem im Süden und Nordwesten Deutschlands sei mit Wertzuwachs zu rechnen, ebenso in den sieben Metropolen München, Frankfurt (Main), Köln, Stuttgart, Berlin, Düsseldorf und Hamburg. In ländlichen Regionen, vor allem in Ostdeutschland, müssen Verkäufer demnach jedoch mit Wertverlusten rechnen.

„Mein Gefühl ist, dass in den deutschen Großstädten die Preiskorrektur bereits weitgehend vollzogen ist, während es in den B- und C-Städten vielleicht noch etwas dauern kann“, sagt der Frankfurter Geschäftsführer des Luxusmaklers Engel & Völkers, David Schmitt.

Wenn also die Preise zumindest in den Metropolen nicht weiter sinken, die Zinsen voraussichtlich konstant bleiben und die Mieten mit Sicherheit steigen – was spricht dann dagegen, jetzt zu kaufen?

Eigentlich nichts – sofern man auf das richtige Objekt stößt. „Ich rate Interessenten, mit offenen Augen durch die Stadt zu gehen“, empfiehlt Immobilienberater Groth. „Momentan kommen Immobilien in attraktiven Lagen auf den Markt, die für akzeptable Preise zu haben sind und früher nur unter der Hand weggegangen wären.“ Wer mit der Idee spiele, eine Immobilie zu kaufen, sollte mit dem Sondieren nicht mehr allzu lange warten, mahnt Groth. Noch seien Käufer in einer sehr guten Verhandlungsposition.“

Immobilienmarkt: Zinspause könnte wieder für steigende Immobilienpreise sorgen

Sollte hingegen die EZB Ende des Jahres eine Zinspause andeuten, würden auch die Preise wieder steigen, sagt Von-Poll-Geschäftsführer Ritter voraus. Denn dann dürften schnell wieder deutlich mehr Interessenten auf den Markt strömen als jetzt: „Die gute Verhandlungsposition wird sich dann rasch wieder in Luft auflösen.“

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Anzeichen für Trendwende am Immobilienmarkt verdichten sich

Ist der Preisverfall am Immobilienmarkt gestoppt? Neue Analysen zeigen, dass sich die Kaufpreise für Wohnungen weiter stabilisieren. In einigen Großstädten sind Bestandswohnungen sogar leicht im Wert gestiegen. Was Käufer wissen sollten und wer jetzt profitiert.

Steigende Zinsen ließen den Traum von der eigenen Immobilie für viele Deutsche im vergangenen Jahr in weite Ferne rücken. In beliebten Großstädten wie Hamburg, Köln oder München sanken sogar die Kaufpreise, nachdem es zuvor lange immer teurer wurde. Doch der Markt für Wohneigentum scheint sich wie bereits im ersten Quartal 2023 weiter zu stabilisieren, wie eine aktuelle Analyse des Portals Immowelt für Bestandswohnungen zeigt.

Preise für Bestandswohnungen in Hamburg und München gestiegen

In fünf von 14 untersuchten Großstädten sind die Preise für Bestandswohnungen (75 Quadratmeter, drei Zimmer, erster Stock, 1990er-Baujahr) zwischen April und Juli 2023 leicht gestiegen. Laut Immowelt-Auswertung haben sich in München die Preise in den vergangenen Monaten zum ersten Mal seit einem Jahr wieder um ein Prozent verteuert. Derzeit würde am Markt ein durchschnittlicher Quadratmeterpreis von 8575 Euro verlangt.

Auch in Hamburg zogen die Preise für Bestandswohnungen im zweiten Quartal um ein Prozent an. Hier kostet der Quadratmeter im Durchschnitt 6266 Euro – bundesweit nach München der zweithöchste Wert. Allerdings liegen die Preise in beiden Städten weiterhin um rund zehn Prozent unter den Topwerten aus dem vergangenen Jahr.
Auch in Berlin konnten sich die Preise für Bestandswohnungen halten, wenn auch kein Preisanstieg im zweiten Quartal zu beobachten war. Hier kostet der Quadratmeter derzeit 5128 Euro. In Köln und Frankfurt/Main sinken die Preise im Bestand leicht um zwei Prozent. Auch in Essen und Dortmund ist ein leichter Preisrückgang gegenüber dem ersten Quartal 2023 zu beobachten.

„Für Käufer mit Erspartem bietet das große Chancen“

Trotzdem seien die sich stabilisierenden Preise „ein gutes Zeichen für den Immobilienmarkt“, sagt Felix Kusch von Immowelt. „Für Käufer mit Erspartem bietet das aktuelle Marktumfeld sogar große Chancen.“ Aufgrund geringer Konkurrenz könnten Interessenten häufig besser über die Preise verhandeln. Außerdem sei das Angebot auf den Immobilienportalen „so groß wie lange nicht mehr“, so Kusch.

„Sobald die Zinsen wieder fallen, wird der Markt für Wohneigentum wieder dynamischer werden“, analysiert Professor Michael Voigtländer vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. „Mit dieser Entwicklung ist bereits zum Jahreswechsel 2023/24 zu rechnen.“ Voigtländer rät Kaufinteressenten dazu, bereits jetzt zuzuschlagen.

„Die Nachfrage nach Kaufimmobilien kehrt zurück“

Auch eine Analyse des Portals Immoscout24 zeigt, dass die Preise für Häuser und Wohnungen im zweiten Quartal um 0,6 Prozent gestiegen sind. Der Preisverfall im vierten Quartal 2022 von vier bis sechs Prozent bei Wohnungen scheint sich durch die leicht steigenden Preise langsam auszugleichen. Auch die Nachfrage nach Eigentumswohnungen steigt laut dem Portal im zweiten Quartal bundesweit leicht an.

„Getrieben durch die hohe Konkurrenz auf dem Mietmarkt, dem damit verbundenen starken Anstieg der Mietpreise und der Stabilisierung der Finanzierungsrate, kehrt die Nachfrage nach Kaufimmobilien zunehmend zurück“, sagt Gesa Crockford, Geschäftsführerin von Immoscout24. „Mit Blick auf die stockenden Neubauaktivitäten wird sich dieser Trend vermutlich fortsetzen.“

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